Natürlich besteht der Hund nicht nur aus Hüfte.

In erster Linie sind es das Wesen, der Charakter und die Gesundheit allgemein, die für uns wichtig sind, der gesamte Körperbau muss harmonisch und kraftvoll sein, damit sich unser vierbeiniger Freund gerne und gut bewegen kann und seiner Lebensfreude und seinem Arbeitsdrang auch Ausdruck verleihen kann. Dennoch ist die Hüfte als größtes Gelenk des Körpers ein sehr wichtiger Aspekt der Gesundheit und wird mit entsprechender Aufmerksamkeit bei der Zuchtauswahl bedacht.

HD, also die Hüftgelenksdysplasie ist eine Fehlbildung der Hüftgelenke. Auf der unten abgebildeten Röntgenaufnahme ist der Aufbau der Hüfte gut sichtbar. Wenn die beiden gelenksbildenden Knochen, die Gelenkpfanne und der Oberschenkelkopf nicht korrekt aufeinander passen spricht man von einer Hüftgelenksdysplasie. In der Regel tritt die Fehlbildung beidseitig auf und kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. HD entwickelt sich in den ersten 15 Monaten des Lebens eines Hundes, später verändert sich nur noch das Ausmass der Arthrose. Junge Hunde mit ausgeprägter HD zeigen v.a. Schmerzen als Folge der unüblich starken Lockerheit der Hüftgelenke. Bei älteren Hunden überwiegen die Schmerzen als Folge der Abnützung (Arthrose) der Hüftgelenke. Bei leichteren Formen der HD können Krankheitsanzeichen fehlen, solange der Hund nicht stark beansprucht wird. Auch die Schmerzempfindung zwischen den einzelnen Hunden ist recht unterschiedlich: Während der eine Hund mit leichter HD bereits hinkt, hat der andere Hund mit fortgeschrittener Arthrose eine spezielle Bewegungstechnik entwickelt, um Schmerzen zu vermeiden, so dass der Besitzer von der Behinderung möglicherweise gar nichts bemerkt. (Sinngemäß übernommen aus http://www.grsk.org/informationen-fuer-tierbesitzer-zuechter/was-ist-hd)

Bei den Hovawarten wurde schon sehr früh mit einer Selektion nach gesunden Hüften begonnen. Dazu war es natürlich nötig, die Hüften der angehenden Zuchttiere und auch die der Nachzucht zu röntgen und einheitlich zu beurteilen. Dank der sorgfältigen Zuchtauswahl und sicherlich auch der guten Aufklärung der Welpenkäufer ist es gelungen, den Anteil an „schlechten“ Hüften im Laufe der Jahrzehnte auf ein Minimum zureduzieren. Durften in den Vereinen anfangs noch Hunde mit C-Hüften in die Zucht genommen werden, so war es im Laufe der Zeit möglich die Zulassung auf A-und B- Hüften (im RZV ausschließlich auf A-Hüften) zu beschränken. Die Hovawartzucht kann sich also damit rühmen, Hunde mit sehr gesunden Hüften zu züchten. Schaut man sich für eine Wurfplanung die Ahnen der beiden Zuchttiere an, das sind in der Regel um die 1700 Hunde, dann kann man tatsächlich feststellen, dass die Anzahl der „schlechten“ Hüften verschwindend gering ist….

Nun könnte man sich auf diesem Erfolg ausruhen und die züchterischen Bemühungen an dieser Stelle so einfrieren. Es hat sich aber herausgestellt, dass es inzwischen feinere Verfahren gibt, die Hüfte zu beurteilen, neben dem bisher als ausschlaggebend angesehenen Norberg Winkel gibt es viele weitere Punkte, die in eine objektive Bewertung einer Hüfte einfließen können und sollten.

Aus diesem Grunde ist ein Wechsel des Gutachters erfolgt und die Hüften der Hovawarte werden nach neuen Gesichtspunkten bewertet. Der große Vorteil ist, dass es durch die detailliertere Begutachtung neue Ansatzpunkte für eine weitere züchterische Verbesserung der Hüften gibt. Nachteilig ist, dass mit den neuen und deutlich strengeren Kriterien, die Zahl der Hüften, die A1 bewertet werden abnehmen wird und wir mehr Hüften im Bereich B und sogar C bekommen werden. Auf den ersten Blick wirkt es also so, als würden die Hüften schlechter geworden sein. Tatsächlich bedeutet es aber, dass durch die differenzierte Betrachtung der Hüften plötzlich neue zuchttechnische Möglichkeiten geschaffen werden die Hüften noch gesünder zu züchten.

Nachfolgende Tabellen verdeutlichen den Unterschied in der Bewertung.

Kurzbeschreibung der Kriterien

  1. Der Norberg-Winkel ist als der Winkel definiert, der zwischen der Verbindungslinie der Zentren der beiden Oberschenkelköpfe und dem jeweiligen vorderen Pfannenrand abgetragen wird (siehe Abbildung). Bei einem HD-freien Tier sollte er mehr als 105° betragen (gelbe Linien).
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  2. Lage des Femurkopfzentrums in Bezug zum dorsalen (rückenwärts gelegenen) Azetabulumrand beschreibt wie tief der Oberschenkelhalskopf in der Hüftpfanne liegt. Das Zentrum sollte deutlich innerhalb des zum Rücken hin gelegenen Hüftrandes liegen.
  3. Form des kraniolateralen ( kopfwärts-seitlich gelegenen) Azetabulumrandes. Dieses Kriterium beschreibt sozusagen die Form des Daches über dem Kopf des Oberschenkelknochens. Optimal ist es, wenn der Rand der Form Kopfes des Oberschenkelknochens etwas folgt, das wird als laterales Nachfassen bezeichnet.
  4. Ausbildung des subchondralen (unter dem Knorpel befindlichen) Knochens am Azetabulum.Hier schaut der Gutachter nach vermehrten Kalziumablagerungen, die Hinweis auf eine ungleichmäßige Druckverteilung geben.
  5. Form von Femurkopf, Übergang Fermurkopf-Hals, Femurhals
    Der Femurkopf sollte rund sein und deutlich vom Hals abgesetzt sein und idealerweise sollte der Femurhals auch dünner als der Kopf sein.
  6. Morganlinie
    Eine erstmals vom Radioloen Joe P. Morgan beschriebene Veränderung die bei dysplastischen Hüftgelenken immer wieder gefunden wird.

Warum bin ich der Meinung, dass diese Informationen zur Zeit auf diese Website gehören?

Es ist viel Verunsicherung bei den Züchtern und auch den Welpeninteressenten entstanden, weil die neuen Auswertungsergebnisse nicht mehr dem gewohnten luxuriösen Standard entsprechen. Aber wir müssen uns immer wieder vergegenwärtigen, dass wir nur durch diese strengeren Auswertungen eine Chance haben, die Gesundheit der Hüften weiter zu verbessern. Es wird in den nächsten Jahren oder vielleicht Jahrzehnten nicht mehr selbstverständlich sein, eine A1 Hüfte diagnostiziert zu bekommen aber durch die differenzierte Auswertung kann man genau darauf achten, welches „Hüftproblem“ man womit verpaart um eines Tages zumindest die genetische Basis für sehr gesunde Hüften geschaffen zu haben.

Zum Schluss sei noch bemerkt, dass man davon ausgeht, dass die HD nur zu unter 40% vererbt und zu entsprechend etwa 60% erworben ist. Zu schnelles Wachstum durch zu reichhaltiges Futter und zu starke und falsche Belastung des Hundes in der Wachstumsphase können eine HD begünstigen oder verstärken. Jeder Hundehalter hat somit auch ein wenig Verantwortung für die gesunde Entwicklung der Hüfte seines Hundes.

Gemäß einem Vortrag von Dr. Karsten Grußendorf machen auch D- und E-Hüften den Hunden im Laufe ihres Lebens, bei normaler Belastung und guter Bewegung den Hunden fast nie Probleme…womit wir wieder am Anfang wären:

Der Hund besteht nicht nur aus Hüfte :-))