Mücke und was wir durch sie lernen durften
Da wir uns nun mit einem sehr unsicheren Hund konfrontiert sahen, der in der Not ganz schnell „nach vorne“ ging, mussten wir wieder viel lernen.
Zunächst einmal suchten wir uns zwei Hundeschulen, die kompetent waren, mit spezielleren Charakteren umzugehen.
Mücke lernte, dass all die schrecklichen Dinge, die sie umgeben ihr nichts anhaben wollen und können und dass sie jedes Mal gestärkt aus Herausforderungen hervor geht.
Wir wurden im Laufe der Zeit die reinsten „Gefahrensucher“. Keine Flugschau, kein Tag der offenen Tür bei Feuerwehr oder Poizei, kein Stadtfest, bei dem wir nicht unsere Übungseinheiten mit Mücke gemacht haben.
Erst von Ferne und dann immer näher dran, lernte Mücke, dass sie uns vertrauen kann, dass sie kann, was wir von ihr fordern.
Spaziergänge wurden immer mit kleinen Herausforderungen gewürzt, irgendwo findet sich immer eine Aufgabe, die den Hund ein Stückchen weiter bringt und deren Meistern gefeiert werden kann. So gehen wir
auch heute noch mit unseren Hunden spazieren und sie freuen sich über diese kleinen Extras.
Das alles hat dazu geführt, dass Mücke ein unglaublich umwelttauglicher Hund ist. Ein bisschen vollmundig ausgedrückt: “ Mücke lässt sich durch gar nichts mehr aus der Ruhe bringen, was an Anforderungen an sie herangetragen wird.“
Der Weg dahin war aber lang und mühsam. Zwei bis drei Jahre lang haben wir keine Gelegenheit ausgelassen um sie dosiert mit Umweltreizen zu konfrontieren. Wir sind extra ins Mittelgebirge gefahren um sie Seilbahn fahren zu lassen und wir waren mehrfach in der Innenstadt um ihr öffentliche Verkehrsmittel und den Stadtlärm zu zeigen.
An ihrem zweiten Geburtstag bestand Mücke die BH als beste des Tages gegen Border Collies und Australian Shepherds.
Mit drei Jahren trainierte Mücke für ein Jahr in einer Rettungshundestaffelund zeichnete sich durch besondere Sicherheit auf unterschiedlichen Untergründen und besonderen Mut aus. Unsere Rechnung war also insoweit aufgegangen.
Was wir aber trotz aller Bemühungen nicht hinbekommen haben, ist ihr die Angst vor Silvesterknallern und Böllerschüssen zu nehmen. Wenn es draußen laut wird, bricht das Mücklein förmlich zusammen und ist überhaupt nicht mehr zu beruhigen.
Mückes unglaublich unsichers Wesen hat uns Anlaß gegeben noch viel mehr über das Wesen der Hunde und über die Kommunikation
mit den Hunden zu lernen. Mücke hat uns aber auch ganz klar unsere Grenzen aufgezeigt.
Man kann einem unsicheren Hund ein gutes und festes Gerüst geben. Wurzeln, die nicht vorhanden sind, wachsen aber nicht nach und wenn unerwartete und ungeübte Eindrücke auf den Hund einstürmen, dann fällt er in die angeborenen Verhaltensweisen zurück.
Bei Mücke macht sich das dann bemerkbar, wenn der Druck zu groß wird. Wenn wir beispielsweise in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs sind und es dort übermäßig hektisch ist, in sehr trubelingen Restaurants zu Gast sind oder im engen Gedränge zu viele Menschen auf Mücke einwirken wollten. In solchen Momenten kann es sein, dass Mücke massiv droht. Wir wissen das und sind vorbereitet aber es zeigt auch immer wieder, wie leicht das fragile Gerüst „Antrainierte Selbstsicherheit“ in sich zusammen bricht.
Mücke ist für unsere Familie eine große Bereicherung und auch oder besonders durch sie haben wir sehr viel gelernt.
Es ist ihrem zarten Nervengerüst zu verdanken, dass wir Lind-Art® Seminare besuchen, Vorträge über Kommunikation anhören und letztendlich auch, dass ich mich mit dem Thema Zucht intensiv auseinander setzte.
Mücke hat dank der guten Trainer und sicher auch unserer liebevoll-konsequenten Erziehung einen sehr sicheren Gehorsam, und eine grandiose Beißhemmung. Selbst wenn sie die Nerven verliert und wirklich einmal böse wird, beißt sie nie zu.
Unser Mücklein, übrigens größenmäßig mit 72cm Schulterhöhe völlig aus dem Standard gewachsen, ist unser Schatz und keiner von uns möchte auch nur eine Sekunde der gemeinsamen Zeit missen.